Samstag, 19. Juni 2021

Wassermopedgaudi versus Natur

Die Überströmstrecke am Südufer der Donau bei St.Pantaleon kennen nicht viele. Wozu auch? Es führt keine öffentliche Strasse dort hin, es gibt dort keine Siedlungen, und kein Wirtshaus. Auch der Donauradweg führt dort nicht vorbei, da der Treppelweg nicht ausgebaut ist. Ab und zu begegnen einem dort ein paar Spaziergänger - sonst ist dort einfach nur Ruhe. 

Die Ruhe wird nur unterbrochen vom Plätschern des Wassers, von Vogelgezwitscher und vom Rufen der Frosche im nahegelegenen Augebiet. Der Donauaubschnitt bei St.Pantaleon zählt zu den wenigen Stellen an der Donau, wo sich gewisse Tiere noch ungestört aufhalten können und wo der Mensch zu jeder Tageszeit seine Ruhe findet. Mit dieser Ruhe soll bald Schluss sein: eine Jet-Ski-Trainingsstrecke ist dort geplant. Ja - richtig gelesen - diese Wassermopeds, die teilweise noch mit Zweitaktmotoren unterwegs sind- und die einen Mordslärm verursachen...

Eine Änderung in der Schifffahrtsanlagenverordnung im Jahr 2019 unter dem damaligen Verkehrsminister Norbert Hofer macht es möglich, dass auf der Donau zwischen St. Pantaleon-Erla und Naarn auf 1,2 Kilometern eine Waterbike-Zone entstehen kann.  Drei Bojen wurden auf einer Länge von 1,2km bewilligt. Damit ist dem Wassermopedspass Tür und Tor geöffnet. 

Ein Spass, der im Grunde von wenigen Leuten ausgeübt wird. Sieht man sich die Website des Club Wavesurf aus Asten an, so bemerkt man, dass es hier ausschließlich um die Gaudi geht. Der letzte Termineintrag auf der Website stammt aus dem Jahr 2011, die Anzahl der Mitglieder ist überschaubar, Bewerbe oder Events finden praktisch keine statt. Die ganze Geschichte hat offensichtlich rein hobbymässigen Charakter und ist weder sportlich noch wirtschaftlich bedeutend.

Sehr wohl bedeutsam ist die Geschichte für die Natur: denn sobald hier mal der Betrieb anläuft ist Schluss mit der Ruhe. Da hilft auch die Aussage der Clubvertreter nicht weiter: "Es wird nicht eskalieren". Denn ob es eskalieren wird, liegt nicht in der Hand der Jet-Ski-Fahrer. Auch wenn sie hier lustig ihre Runden drehen, und sich vielleicht an die Vorgaben halten, können sie es nicht verhindern, dass die Sache irgendwann zu einer Attraktion für Schaulustige wird. Wenn einmal die ersten Videos im Netz auftauchen und sich die Sache herumspricht, dann können solche Dinge schneller entgleiten, als es einem lieb ist. 

Seit 20 Jahren ist der Verein nun auf der Suche nach einer geeigneten Strecke - kein Wunder, denn niemand will den Lärm vor der Haustür haben. Also entschied man sich, den Lärm in die Natur zu exportieren. Dort werden maximal ein paar seltene Vögel gestört, was soll's, die sollen sich doch woanders ihren Horst bauen. Hauptsache ein paar Leute haben ihren Spass....




Wieviel Platz für Randsportarten?

Man stelle sich das einmal vor: auf dem Perger Hauptplatz soll eine Radball-Zone errichtet werden. Ein Verein bestehend aus 4 Mitgliedern (2 Mannschaften) hat hier durchgesetzt, dass hier eine Trainings und Wettbewerbszone auf öffentlichem Grund errichtet wird. Dem Vorhaben fallen 10 Parkplätze am Hauptplatz zum Opfer. Ich bin mir sicher: beim ersten Radball Training hagelt es Prügel für die Sportler, denn niemand kann verstehen, dass hier einer Randgruppe derart hohe Privilegien zuteil werden.

Ja, Radball gehört in Österreich zu den sogenannten "Randsportarten", genauso wie Synchronschwimmen, Lacrosse, Landhockey, Polo oder Croquet. Auch wenn viele von diesen Sportarten noch nie was gehört haben, so sind diese Teil der Sportlandschaft, haben ihre Berechtigung und tragen zur Vielfalt bei. Und sie haben auch ihre (wenn auch wenigen) Anhänger, die für ihren Sport ihre Freizeit und Geld opfern. Und sie gehen damit eigentlich niemandem auf die Nerven. Mir ist nicht bekannt, dass ein Radball-Verein, eine Gruppe Synchronschwimmerinnen oder ein Lacrosse-Club hier jemals öffentliche Flächen eingefordert hätte. Sie alle fanden offenbar mit den vorhandenen Möglichkeiten ihr Auslangen.

Auch Jetski/Waterbike gehört in Österreich zu diesen Randsportarten. In manchen Ländern, wie z.B. in den USA geniesst diese Sportart mehr Popularität, bei uns führt die Sache ein Schattendasein. Bis jetzt gab es in NÖ zwei private Plätze, wo die Sportart ausgeübt werden konnte: im Speedworld Actionpark in Pachfurth und auf dem Baggersee der Firma Lasselsberger bei Pöchlarn.

Das war den Wassersportlern offenbar nicht genug, also entschieden sie sich vor ca. 20 Jahren, eine Waterbike-Strecke auf der Donau zu beantragen. Das Vorhaben scheiterte immer wieder. Es wurden Anträge gestellt, geprüft, Gutachten eingeholt - und dann kam es zu einem Bürgerprotest.
Im Jahre 2008 wurden in Strengberg 3500 Unterschriften gegen eine dort geplante Jet-Ski- Strecke gesammelt. Es wurden Lärmgutachten erstellt, die Sache wurde schliesslich doch nicht bewilligt. 2019 kam es erneut zu einer Verhandlung. Diesmal wurde die Strecke in St.Pantaleon-Erla beantragt. Auch hier konnte das Verfahren in erster Instanz nicht abgeschlossen werden.

Über die Jahre wurden hier Steuergelder verbraten, denn so ein Antrag muss jedes Mal bearbeitet, begutachtet und verhandelt werden.

Und jedes Mal ist es eigentlich die gleiche Situation: einige wenige wollen das, was viele nicht wollen. Ein Gedanke, der gar nicht so in unser demokratisches Weltbild passen will. Die Errichtung der JetSki Strecken scheiterte immer daran, dass niemand den Lärm vor der Haustüre will, die Anrainer nicht, die Erholungssuchenden nicht, die Wirtschaftstreibenden nicht und die Natur schon gar nicht.

Da wäre uns vielleicht allen doch eine Radball-Zone lieber....da haben wir ausser ein paar schnaufenden Sportlern und dem Torjubel von ein paar Fans kaum Nebengeräusche....und Schadstoffe werden auch nicht ausgestossen....